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Brasilien: Infrastruktur auf der Reservebank? O-Ton Betânia Ferreira

Die WM in Brasilien ist ein Millionengeschäft – auch für die Baubranche. Die WM-Städte putzen sich heraus, es fließt viel Geld in Stadien, neue Straßen, saubere Strände. Für vier Wochen im Juni und Juli möchte sich das größte lateinamerikanische Land von seiner besten Seite zeigen. Doch viele Menschen in den WM-Städten finden das ungerecht: Auch sie fordern „Infrastruktur“ – denn sie warten seit Jahren vergeblich auf Schulen, Krankenhäuser, einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr und eine Wasserversorgung. Und nicht nur das: Sie fordern, dass die Menschen in Brasilien nicht unter dem Sportspektakel leiden, sondern nachhaltig davon profitieren.

03:01 | 15.04.2014

"Ich bin Betânia Ferreira, ich bin Pflichtverteidigerin des Bundesstaates Bahia und aktuell Koordinatorin auf dem Gebiet der Menschenrechte des öffentlichen Rechtsschutzes des Bundesstaates.

Im Allgemeinen sind die Menschenrechte in Lateinamerika sehr mit der Armutsfrage verbunden. Bahia wiederum ist ein Bundesstaat mit großen sozialen Ungleichheiten, mit vielen sozialen Unterschieden, und auch wenn die meisten seiner Einwohner afrikanische Wurzeln haben, ist er ein Bundesstaat, der extrem mit rassistischen Vorurteilen belastet ist. Also müssen wir uns im Alltag viel mit der Frage der Vorurteile beschäftigen, mit Polizeigewalt vor allem gegen Schwarze, gegen Nachkommen von Schwarzen und Indigenen, mit der Frage von Folter in Gefängnissen, mit dem Recht auf Wohnung, mit der Frage nach Rechten von Menschen mit Behinderungen und von Lesben und Schwulen und vor allem mit den Sozialrechten in Sachen Gesundheit und Bildung, in den ärmsten Regionen Bahias.

[Ist aus Sicht von Menschenrechtlern mit Vertreibungen oder „Säuberungen“ aus Anlass der WM zu rechnen? Welche anderen Schwierigkeiten sind zu erwarten?]

Das ist eine große Sorge, die wir haben. Das können wir an einer Erfahrung sehen, die wir während des Confed-Cups gemacht haben. Es gab einen großen „Säuberungsprozess“, gerichtet gegen die, die auf der Straße leben. Das ist eine große Sorge von uns.

Die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen macht uns Sorgen. Auch sorgen wir uns sehr wegen des Demonstrationsrechts, mögliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit derer, die mit der WM zufrieden sind, aber auch derer, die mit der WM nicht zufrieden sind. Und wir machen uns große Sorgen um mögliche Polizeieinsätze im Umfeld der WM und die vielleicht gegen Einwohner dieser Stadt gerichtet sind. Die Rechte der Einwohner sollten respektiert werden.

Eine perfekte Weltmeisterschaft müsste einen perfekten Ausgleich bieten zwischen den Interessen der Bürger, die hier leben, der WM-Besucher und des Ereignisses an sich. Wir wissen, dass diese Menschenrechte täglich verletzt werden. Wir erwarten daher nicht, dass die WM hier andere Tatsachen schafft. Es sollte darauf geachtet werden, dass unsere Befürchtungen nicht wahr werden und dass sich die aktuelle Menschenrechtslage durch die WM nicht auch noch verschärft. Wir möchten, dass die WM bei uns zu Gast ist und es gelingt, ein sehr gutes Miteinander mit allen Einwohnern von hier zu schaffen –  mit denen, die viel Geld haben, mit denen, die weniger Geld haben, mit denen, die auf der Straße leben, mit den Schwarzen, den Nachkommen der Schwarzen und Indigenen, und, dass die Weltmeisterschaft mit der Bevölkerung harmonisiert."

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Autor: Brot für die Welt/Niko Wald
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